Ich weiss, was jetzt dann folgt. Ihr zieht erstaunt eine Augenbraue hoch, denkt „Waaaas diä?!?“ und versucht euer Bild, dass ihr euch über mich zusammengewurschtelt habt, anzupassen. Mir egal. Achtung, fertig, los: Ich liiiebe Brockenhäuser. Und, es gibt für mich (fast) nichts entspannenderes, als an einem Samstagvormittag im wehenden Maxikleid und Flipflops (jo, etz grad wohl besser nöd) durch Flohmarktstände zu stöbern.
Die Mischung zwischen Kitsch, altem Gerümpel, kleinen und grossen Schätzen und ja, auch manch Unmöglichem, macht für mich den Reiz aus. Gerne schaue ich zu, wie Menschen sich regelrecht einen Sport daraus machen um jeden Franken zu feilsschen. Ebenso spannend finde ich die Menschen, welche sich entschlossen haben (ihr Leben) zu entrümpeln. Passt das, was sie feil bieten zu ihrem Erscheinungsbild, oder präsentieren sie (vielleicht auch unfreiwillig und unbewusst) eine andere Seite von sich?
Die Leidenschaft für Flohmärkte habe ich sozusagen fast mit der Muttermilch eingesogen. Meine Eltern, begeisterte Sammler, freuten sich über jedes vergriffene Globibuch und jeden alten Christbaumschmuck, welcher zu Hause angekommen von meiner Mutter liebevoll geputzt und wieder „in Form“ gebracht wurde. Meine Kinder, wen wunderts, kennen dementsprechend die Brockenhäuser in der Gegend nicht nur von aussen, sondern eben auch von innen. Bei unseren Streifzügen entdecken wir oft auch Dinge, über welche wir während der Heimfahrt ausgiebig diskutieren müssen.
Letzthin entdeckte mein Sohn in einem Brockenhaus eine Kiste mit Unterwäsche. Danke lieber Gott, dass er wenigstens EINMAL die schlauen Lebensweisheiten von Mutti herself befolgt hat: NUR MIT DE AUGE LUEGE, GÄLL. (Äh jo. Ich kann es auch nicht erklären. Lebensweisheiten müssen halt bitz creepy sein.) Mein Sohn fragt mich allen Ernstes, ob meine Unterwäsche auch aus dem Brockenhaus ist. Ganz luut. Alle schauen und ich bin versucht – ebenso laut – rauszutrompeten, dass nicht nur meine, sondern auch seine Untzgi vom Flohmi stammt. Aus der Gratis-Kiste. Aber so cool bin ich nicht. Heute nicht. Stattdessen werde ich rot wie es Erdbeeri und merke, wie ein Schweisströpfli mein Rücken runterwandert. Schööön! „NATÜRLICH NICHT!“, stammle ich und ziehe die Schultern hoch.
Ich murmle etwas von blühender Fantasie und Grenzen suchen, schnappe meinen Sohn, der immer noch fasziniert vor den XL Schlüppis und BHs aus dem letzten Jahrtausend steht und ergreife die Flucht.
Am nächsten Morgen spielt Sohnemann mit seiner Polizeistation. Er ist vertieft ins Spiel und ich geniesse die Ruhe, um einen Kafi zu trinken und zu arbeiten. Und da hör ich es. Der Playmobilpolizist steht in der Gefängniszelle mit einer Tasse und einem einem Korb.
Mein Sohn brummt mit tiefer Bärenstimme: „Roibär, do hast du einen Kaffee und eine frische Unterhose.“ Der Playmobil-Räuber verbeugt sich elegant und piepst wohlerzogen: „Danke lieber Polizist.“ Der Wachmann tritt ab. Und dann kommt’s.
Kaum ist die Gefängnistür zu, hüpft ein weiterer Playmo-Bulle zum ersten Polizisten. Dieser lacht laut und dreckig und ich schaue auf. In der Rolle als Polizist freut sich mein doch sonst so unschuldiges Sohnemännchen: „Wenn der wüsste, dass ich die Unterhose aus dem Brocki habe. Wuahahahaha!“
Just in dem Moment beschliesse ich in Zukunft jedes Geschenk von meinem Jungen dankend, aber entschieden, abzulehnen.