Fluchende Menschen sind wie bellende Hunde, find ich. Die beissen nämlich nicht, sondern kläffen nur laut und unnötig in der Weltgeschichte herum. Das nervt.
Ich fluche selten. Weil ich es doof finde. Menschen, die ihre Worte mit Bedacht auswählen und sich gescheit zu artikulieren wissen, finde ich echt attraktiv. Dabei geht es nicht darum möglichst viele Fremdwörter in einen Satz zu packen, um allen im Umkreis von einem Kilometer zu imponieren. Es geht um Wertschätzung der Sprache gegenüber, um Stil.
Und im Ernst: Wenn ich sauer werde, dann ziehe ich Konsequenzen. Nur möglichst böse zu reden bringt ja nix, oder?
Als letzthin Sohnemann, drei Jährchen auf dem Buckel, mal so richtig durchgestartet ist und er uuuuuuh wahnsinnig sauer wurde (bei genauem Hinsehen dampfte es sogar aus seinen Ohren raus) beleidigte er sein Gegenüber mit „duuu Joggelimaaa“. Jawohl! Gezeigt hast du’s dem! Aber so richtig…
Bei aller Contenance. Es gibt da ein bestimmtes Thema, bei dem ich jeglichen Anstand und meinen ganzen Sanftmut zur Seite lege. Da bin ich sofort auf 180. Es ist sozusagen mein persönliches rotes Tuch.
Was das wohl sein mag? Atombomben? Narzisstische Präsidenten? Hinterlistige Virenattacken? Möglich! Ich sags euch: Zecken. Diese Viecher finde ich das Hinterletzte und ich zweifle echt warum die überhaupt „erfunden“ wurden. Ernsthaft: Warum gibt es die? Ich verstehs nicht. Denn: Ich hasse Zecken.
Und das ist oberdoof, denn ich liebe den Wald, die Natur und das Spazieren und Wandern. Und wenn ich ehrlich bin, würde gern so wie im Film mit einem weissen Kleidchen und einem Blumenkranz im flatternden Haar durch das hohe Gras rennen. Die Arme ausgestreckt und die Sonne scheint mir ins Gesicht. Halt so richtig kitschig. Aber nein. Hör auf zu träumen! Da sind ja noch die Spielverderber: Zecken. Bäh!
Nun, kürzlich war es mein feierabendliches Ziel, mich genauer über Zecken zu informieren. Ich dimmte das Licht über dem Holztisch, genehmigte mir ein paar Stückli Schokolade, schmiss mich in Trainierhosen, Hoodie, zog die Socken fast bis zu den Kniekehlen (schön gäll) und startete meine Recherche.
Sodala, schauen wir mal. Ich gwunderte mich durchs Internet und gelangte auf eine interessante, informative Internetseite wo ich las, man solle den Saugrüssel packen und rausziehen.
Pha, alle meine antiflucharischen Vorsätze lösten sich im Nu in Luft auf: SAUGRÜSEL! Was für eine treffende, wunderbare Bezeichnung – und das auf einer offiziellen Informationsseite. Ja, ich freute mich wirklich und high fivete vor meinem geistigen Auge den Autoren. Der hat jetzt echt mal was rausgehauen. Der steigert sich ja noch mehr rein als ich!
Eine Mischung aus Faszination, Zustimmung und Belustigung durchfuhr mich. Zufrieden und absolut auf dem neusten Stand schlurfte ich ins Bett.
Auch am nächsten Tag freute ich mich über mein neu erworbenes Wissen. Ich startete meinen Computer und siehe da, die Homepage meiner gestrigen Recherche war noch immer aktiv.
Ich wollte mir den Saugrüsel nochmals geben, sozusagen als Motivationskick für den Arbeitstag. Da bemerkte ich das Doppel-S. SAUGRÜSSEL! Ein Rüssel zum saugen. Meine Güte wie peinlich. Aber oooch, auch meine Güte wie schade. So ein bisschen fluchen wäre hier schon angebracht gewesen. Naja. Oder wenigstens das Wort denken.
Erzählt habe ich von meinem Malheur niemanden. Weil es einfach zu beschämend ist.
Dennoch: Eine gute Sache bleibt. Immer wenn ich an Zecken denke, muss ich gleichzeitig auch ein bisschen schmunzeln. Die Saugrüs(s)el die!
Annina Dietsche-Veit